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Plasmide verdauen

Molekularbiologisches Praktikum am Helmholtz-Schülerlabor, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

"Was ist denn der helle Fleck da - gehört das so?" Was aussieht wie die Maske von Batman ist RNA, die in der unverdauten Probe noch reichlich vorhanden ist. Durch ihre hohe Konzentration bildet sie auf dem Gel dicke Flecken, die unter UV-Licht hell leuchten. Um dies zu verhindern wurde den Proben RNAse zugesetzt; ein Enzym, das die einzelsträngige RNA abbaut. Allerdings leuchten auf einem Gel die Flecken gleich in zwei Proben. "Da habt ihr wohl versäumt, die RNAse zuzugeben." erklärt Dr. Wulf Plaga, der die Gruppe im Praktikum betreut. Dafür hat eine andere Gruppe überall RNAse zupipettiert und RNA abgebaut. "Kein Problem" beruhigt Dr. Plaga, "gerade am Anfang kann das schon einmal passieren." Und neu ist das, was die Hectorianer:innen an diesem Tag durchführen tatsächlich.

Nachdem sie zwar bereits bei ihren Experimenten zur Wirkung von Antibiotika das Pipettieren von kleinen Volumina geübt haben, müssen sie heute teils 0,5 µl - das sind 5 Zehntausendstel Milliliter, pipettieren. Und das ist gar nicht so einfach. "Ist da noch was in der Pipettenspitze? Oder ist das Enzym bereits in der Probe?". Bei solch kleinen Mengen ist das schwer zu erkennen. Entsprechend konzentriert sind die Hectorianer:innen bei der Arbeit:

Die Plasmide, kleine ringförmige DNA-Moleküle, die in der Gentechnik eingesetzt werden, müssen zunächst aus Bakterien isoliert und aufgereinigt werden. Erst danach werden sie mit den Restriktionsenzymen geschnitten oder - wie Molekularbiolog:innen sagen - verdaut. Die entstandenen DNA-Schnippsel werden anschließend in einem Agarose-Gel nach ihrer Länge aufgetrennt. Aus den entstandenen Daten kann die Größe des Plasmids und die Lage der Schnittstellen der Restriktionsenzyme zueinander bestimmt werden. Was sich in der Theorie einfach anhört, erweist sich in der Praxis als schwieriger als gedacht. So lässt sich die Länge der DNA-Bruchstücke gar nicht so leicht im Foto des Gels bestimmen und zwei gleich lange Bruchstücke erscheinen im Gel als eine Bande. Um aus den Ergebnissen eine Plasmid-Karte zu erstellen, müssen die Ergebnisse aller Gruppen miteinander kombiniert werden.

Geschicktes Experimentieren, genaues Auswerten und die Kombination der gewonnenen Daten - das Plasmid-Praktikum fordert und fördert vielfältige Kompetenzen und weckt bei vielen die Lust auf "Mehr". Einen Einblick in aktuelle Forschungsgebiete, die am Campus Nord des KIT bearbeitet werden, zeigt der fachkundige Vortrag nach der Mittagspause. Und während die DNA-Bruchstücke in der Elektrophorese noch durch das Gel wandern, können die Hectorianer:innen in der ständigen Ausstellung am Fortbildungszentrum für Technik und Umwelt ein spannendes Experiment zu Supraleitung ausprobieren und beobachten, wie mit der Nebelkammer radioaktive Teilchen nachgewiesen werden können.

Wie gut sie am Vormittag im Labor gearbeitet haben, zeigt sich am Nachmittag bei der Betrachtung der Gele unter UV-Licht: Trotz der Pipettierfehler bei der Zugabe der RNAse sind alle Banden gut auswertbar, so dass am Ende des Praktikumstages aus den Ergebnissen gemeinsam die Plasmid-Karte erstellt werden kann.

Verdaut wurden letztlich aber nicht nur Plasmide im Reagenzglas. Denn schließlich ist so ein Praktikumstag ganz schön lang und anstrengend; da muss man auch etwas Essen - und verdauen!

Wir bedanken uns bei den Mitarbeiter:innen am Helmholtz-Schülerlabor Molekularbiologie und Gentechnik am Karlsruher Institut für Technologie für den spannenden Praktikumstag!

Fotos: A. Richert